Biberacher Filmfestspiele

Das Publikum goutierte offensichtlich die Intension von Nathalie Arnegger und ihrer Kuratorin Anke Rauthmann nach mehr Inhalt und Anspruch bei den Filmen. Der “weibliche Blick”, den die beiden Frauen im Vorhinein bei der Sichtung der rund 300 eingereichten Produktionen ausgerufen hatten, kam bei den Besuchern an. „Ich bin stolz und glücklich, ein Teil des Festivals zu sein und gebe dieses Gefühl mit vollen Händen zurück”, erklärte Nathalie Arnegger mit Stolz und Demut. Anke Rauthmann meinte mit einem Augenzwinkern, sie fühle sich nach den Festivaltagen ein bisschen wie nach einer Geburt. „Es war ein immenses Programm und es hat gebrummt vor und hinter den Kulissen.“ 

Erstmals gab es auch das Angebot „Video on Demand“. Mit diesem neuen Angebot können Filmfestivalfans zu Hause oder mit Freunden Ihre ganz persönlichen Biberacher Filmfestspiele erleben – bequem mit einem Klick und einfachen Bezahlmöglichkeiten. Die zusätzliche Kommentarfunktion bot die Möglichkeit, seine persönlichen Gedanken zu dem Film sowie Lob, Kritik und Anregungen loszuwerden. Dies ist vor allem für die Filmschaffenden interessant, da sie somit auch Online ein direktes Feedback zu ihren Produktionen bekommen können. 

Die knapp 70 Filme, die an den sechs Festivaltagen gezeigt wurden, hatten Qualität. Dies würdigten auch die Jurys bei der Preisverleihung. Abräumer des Abends war der österreichische Spielfilm „Fuchs im Bau“, der auf den Erfahrungen des ehemaligen Gefängnislehrers Wolfgang Riebniger basiert. Regisseur Arman T. Riahi und Riebniger nahmen den mit 8000 Euro dotierten Goldenen Biber der Stadt Biberach sowie den Sonderpreis für die beste Filmmusik und eine lobende Erwähnung der Publikumsjury sehr erfreut entgegen. „Dass ich dreimal für Preise bei einem Festival auf die Bühne darf, ist mir noch nie passiert“, sagte Riahi. „Ich freue mich wahnsinnig über die Preise für mein Team.“ 

Und noch eine freute sich wahnsinnig. Schon einige Male Gast bei den Biberacher Filmfestspielen gewesen, nahm die Schauspielerin Marianne Sägebrecht die Auszeichnung mit dem Ehrenbiber zum Anlass, für ihre ehrenamtliche Tätigkeit in einem Münchner Hospiz zu werben. Die Hospizbewegung sei ihr ein großes Anliegen. „Zur Geburt braucht es eine Hebamme, und auch am Ende sollte es eine geben“, sagte Sägebrecht. Sie bat alle Filmschaffenden und Besucher der Preisverleihung, diese Arbeit ebenfalls zu unterstützen – und sei es nur durch eine Spende. Schon 1987 war Sägebrecht mit dem Film „Out of Rosenheim“ in Biberach zu Gast. Die 76-Jährige lobte in ihrer Ansprache vor allem den Regisseur Percy Adlon, der ihr Entdecker gewesen sei und maßgeblichen Anteil an ihrer Karriere in Deutschland und den USA gehabt habe. Marianne Sägebrecht bekam wie alle anderen Preisträger den neuen – von Frieder Kober geschaffenen – Biber überreicht.

Schon bei der Eröffnung sechs Tage zuvor war das Filmfestfieber nach Biberach zurückgekehrt. Kulturstaatsekretärin Petra Olschowski nannte die Biberacher Filmfestspiele einen wichtigen Baustein in der Kultur des Landes. Die Menschen in der vollbesetzten Stadthalle harrten drei Stunden mit Maske aus – ebenso wie bei den Filmvorführungen im Traumpalast. Eine nicht ganz einfache Nummer. Aber oft gelang es den Streifen und ihren Protagonisten auf der Leinwand, diesen Stress einfach vergessen zu machen und sich auf die Geschichten einzulassen. Nicht zuletzt beim Siegerfilm „Fuchs im Bau“. 

Aber auch bei der Dokumentation über Eugen und Roger Cicero, die beide sehr früh an einem Hirninfarkt verstorben waren. Mit sehr vielen Zeitzeugen untermalt, wurde das Leben der beiden Vollblutmusiker in allen Facetten in erfolgreichen Phasen, aber auch mit sehr viel Druck und Leiden dargestellt. Ein sehenswertes Porträt von Vater und Sohn, die eben dasselbe Schicksal erlitten und viel zu früh diese Welt verließen. 

Oder auch bei „Viva Forever“. Der Debüt-Spielfilm von Regisseurin Sinje Köhler – ausgebildet an der Filmakademie in Ludwigsburg – mutet an wie eine ganz alltägliche Geschichte über Frauen und Männer, wie sie jedem und jeder passieren kann. Der Film nimmt das Publikum mit auf eine persönliche und unterhaltsame Zeitreise von fünf jungen Frauen. Eine Reise, in der Ängste, unausgesprochene Konflikte, Krisen und natürlich die Liebe eine wichtige Rolle spielen. Ein Spiegelbild, das Sinje Köhler ihrem Publikum vorhält. 

Oder auch zwei Fernsehfilme, die zu Beginn des kommenden Jahres in der ARD ausgestrahlt werden. „Kein einfacher Mord“ ist ein Krimi von Sebastian Ko, in dem ein Ehepaar einen Mord, den die Ehefrau an ihrem Liebhaber begeht, dazu nutzt, ihre eigene Ehe eventuell doch noch zu retten. Vor dieser Verschwörung hatten sie schon über Scheidung gesprochen. Laura Tomke und Felix Klare überzeugen durch hohe Authentizität. Dasselbe gilt auch für die Hauptdarsteller von „Wo ist die Liebe hin“ von Alexander Dierbach. Ulrice C. Tscharre und Roland Wiesnekker geraten in ihren Rollen in eine schwere Ehekrise. Ob die Bewältigung gelingt, bleibt am Ende des Films offen. 

Schade, dass keiner dieser Schauspieler den Weg nach Biberach fand. Ein leiser Kritikpunkt. Lauter wurde die Kritik beim Publikum schon, als bei mehreren Vorführungen überhaupt niemand vom Filmteam anwesend war und so die übliche Diskussion nach dem Film entfiel. Das versprachen die Festivalmacher um Nathalie Arnegger und Tobias Meinhold, Vorsitzender des Filmfestvereins, im kommenden Jahr bei der 44. Auflage besser zu machen. mm

 Fotos: Georg Kliebhan

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