Helga Malischewski - Grande Dame der Kommunalpolitik

Im Gespräch mit der Grande Dame der Kommunalpolitik geht es daher um ihren Weg von der Wirtin einer gastronomischen Institution hin zu einer Persönlichkeit, die inzwischen selbst eine Institution in der Stadt wurde.

Geht nicht, gibt es nicht – ein oft benutzter Werbespruch, der für Helga Malischewski jedoch einen anderen Ursprung hat. Als die junge Angestellte mit ihrer Heirat 1964 zugleich den Bürojob gegen den einer Wirtin tauschte, war es ihr Ehemann, Joe Malischewski, der mit diesen Worten jegliche Zweifel aus dem Weg räumte. Daran änderte sich auch in den folgenden Jahren nichts. Weder bei der Übernahme der Schlachthofgaststätte im Donautal, die mit 200 Sitzplätzen mehr als dreimal so groß war wie die bisherige Gaststätte, noch beim späteren Kauf oder bei der Frage „Soll ich mich für den Gemeinderat aufstellen lassen?“

„Die Zuversicht, Herausforderungen meistern zu können, habe ich von meinem Mann gelernt, in Sachen Kommunalpolitik war Udo Botzenhardt, langjähriger Fraktionschef der FWG und umtriebiger Gemeinderat mein Mentor, der mich immer unterstützte. Längst sind diese Tatkraft, ihre offene Art, Ehrlichkeit und Authentizität ihre prägenden Eigenschaften. Das wissen die Bürger der Stadt offenbar zu schätzen und die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz 2001 sagt viel über ihr ehrenamtliches Engagement.

Selbst mit dem etwas provokanten Wahlkampfslogan „Sind 30 Jahre nicht genug? Braucht man mich noch?“ erreichte sie bei der letzten Wahl 2014 wieder einen deutlichen Stimmenzuwachs. Man braucht sie, die dienstälteste Gemeinderätin der Stadt Ulm – nicht zuletzt, um möglichen Diskussionen vorzubeugen, wer denn nun 2016 den Oberbürgermeister verabschieden und den neuen OB ins Amt einführen sollte. Dass ihr diese Aufgabe übertragen wurde, hatte für sie schon eine besondere Bedeutung.

Immerhin waren Helga Malischewski und Ivo Gönner 32 Jahre gemeinsam für die Belange der Stadt tätig und es verbindet sie eine vertrauensvolle Freundschaft mit gegenseitigem Respekt. Mit ihm und dem Gemeinderat hat sie wegweisende kommunalpolitische Projekte auf den Weg gebracht und sich nicht immer nur Freunde gemacht. Beide verbindet die Einstellung, dass das Amt – sowohl das des OB als auch als Stadtrat – eine Dienstleistung ist. „Insofern waren die 26 Jahre in der Gastronomie eine gute Erfahrung.“

Die meiste Zeit davon betrieb sie zusammen mit ihrem Mann die Schlachthofgaststätte, eine beliebte Adresse für die Unternehmen im Donautal, für Familienfeste und Gäste von Busreisen. Mit dem Anspruch, mit unterschiedlichsten Menschen klar zu kommen und ihren Wünschen bestmöglich gerecht zu werden, ließ sie sich 1984 auf die Wiblinger Liste des Gemeinderats setzen und wurde auf Anhieb gewählt. Durch ihre Großmutter gehört sie trotz ihres Mädchenamens Wegscheider zur Dynastie der Häufele Familien in Wiblingen, deren Stammbaum sich bis zu einem früheren Landschaftsgärtner dieses Namens beim Kloster Wiblingen zurückverfolgen lässt. Doch dieser Bekanntheitsbonus allein war ebenso wenig der Grund für ihren Erfolg wie ihre mehrjährige Tätigkeit als Schöffin am Landgericht und als ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht Ulm.

Es ist ihre Art, Dinge, die ihr wichtig sind, auch konsequent zu verfolgen. „Ich kann mich da schon festbeißen“, nennt sie diese Hartnäckigkeit. Die Sauberkeit in der Stadt ist eines dieser Themen, die ihr am Herzen liegen. „Ich weiß, was ich will, aber ich bin nicht ohne Zweifel“, verweist sie auf manche Entscheidung, „die schlaflose Nächte kostete“. Sie räumt ein, dass es schon frustrierend sein kann, sich Mehrheitsentscheidungen, die sie nicht mitträgt, beugen zu müssen. „Demokratie heißt auch, Kompromisse zu machen“ ist dann ihre Devise.

Was für Helga Malischewski die Arbeit im Gemeinderat ist, war für ihren Mann sein Amt als Präsident der GKGU (Große Karnevalsgesellschaft Ulm/Neu-Ulm). „Damals hatte der Fasching in Ulm einen anderen Stellenwert und die Veranstaltungen waren legendär. In der Fasnet musste ich die Wirtschaft allein umtreiben, aber bei besonderen Empfängen der Karnevalsgesellschaft war ich dabei“, erinnert sie sich an eine Reise der Karnevalsgesellschaft nach Wien und zeigt Fotos, auf denen sie mit Magda Schneider, Klaus-Maria Brandauer, Helmut Kohl und anderen Promis jener Zeit zu sehen ist und auf dem internationalen Parkett eine gute Figur macht.

Auch wenn sie als FWG Mitglied nicht in die „große Politik“ wechseln kann, schaut Helga Malischewski gern über den Tellerrand und nutzt die Möglichkeiten ihres Amtes, um ihren Horizont zu erweitern und „nicht im eigenen Saft zu verkümmern“. Das erfordert Offenheit und Engagement, das bei Helga Malischewski nicht mit der Arbeit im Gemeinderat, als stellvertretende Fraktionsvorsitzende und als Fraktionsgeschäftsführerin der FWG mit inzwischen fast 25jährigem „Betriebsjubiläum“ endet. Zusammen mit Gerhard Bühler übernahm sie 1995 die Organisation der Paradekonzerte, die zum festen Bestandteil im Ulmer Veranstaltungskalender wurden.

Zu diesem Zeitpunkt war die Gaststätte bereits seit fünf Jahren verkauft. Nach dem Tod ihres Mannes 2005, intensivierte Helga Malischewski ihre Tätigkeit als Fraktionsgeschäftsführerin der FWG. Die zentrale Lage im Rathaus ist für sie ideal, denn dann ist sie mitten unter den Leut‘. Sie zeigt Präsenz, ist Mitglied in zahlreichen Vereinen und Verbänden, wird angesprochen und hat jederzeit ein offenes Ohr. Wer außerhalb der Geschäftszeiten anruft, den weist eine automatische Ansage mit den Worten: Scheuen Sie sich nicht, mich auch privat unter der Telefonnummer 387160 anzurufen, darauf hin, wie wichtig ihr der persönliche Kontakt zu den Bürgern ist.

Dass man sie kennt und erkennt, liegt nicht zuletzt am Hut. Hüte sind ihr Markenzeichen – und das schon seit mindestens 57 Jahren, wie das obenstehende Foto der 18jährigen Helga Wegscheider zeigt. 
 
Sie stehen ihr heute noch hervorragend und ohne Hut ist Helga Malischewski ebenso wenig vorstellbar wie der Gemeinderat ohne sie. 2019 sind die nächsten Kommunalwahlen. Selbst wenn sie dann nicht mehr antreten sollte, wird sie nicht zuhause in Wiblingen sitzen. „Häkeln, backen und Frühstücksfernsehen… das ist nicht meine Welt“. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. sba

Fotos: Sigrid Balke, privat