Biberacher Filmfestspiele

45 Filme in sechs Tagen bekam das Publikum zu sehen. Ungefähr zwei Drittel dessen, was in den vergangenen Jahren über die Leinwände im Biberacher Traumpalast-Kino flimmerte. 89 Vorstellungen, die maximal zu 30 Prozent ausgelastet sein durften. Mancher Film lief deshalb auch dreimal während des Filmfests. Das hatte es so auch noch nicht gegeben.

Die Verantwortlichen mit Intendantin Helga Reichert und Filmfestvereinsvorsitzenden Tobias Meinhold an der Spitze hatten ein Hygienekonzept ausgearbeitet, das funktionierte. „Wir wollten unbedingt eine Präsenzveranstaltung“, sagte die 46-jährige Intendantin. „Soweit wir es mitbekamen, haben sich die Menschen an das Konzept gehalten“, betonte Meinhold.

Gut dreieinhalb tausend Besucher honorierten diese Mühe und gönnten sich trotz Mundschutzzwang in den Kinosälen ein paar vergnügte Stunden. Auf das gewohnte und beliebte Rahmenprogramm mit Bewirtung im Foyer und Gesprächen im Filmfesthotel Kapuzinerhof wurde bewusst verzichtet. So mutete es schon für viele Besucher fast unwirklich an, während der Filmfestspiele ein meist verwaistes und menschenleeres Traumpalast-Foyer zu erleben. Auch die Preisverleihung wurde kurzfristig mit Rücksicht auf die massiv gestiegenen Infektionszahlen als Online-Veranstaltung abgehalten.

So manches Festival wie etwa die Hofer Filmtage hatten komplett auf diese Möglichkeit zurückgegriffen. „Möglicherweise müssen wir über dieses Thema neu nachdenken“, sagte Reichert, die dennoch sehr zufrieden wirkte über den Verlauf des Festivals. Wie gewohnt moderierte Helga Reichert im Wechsel mit Kathi Wolf die Filme an und auch das anschließende Gespräch mit dem Publikum, sofern jemand aus der Crew anwesend war. 

In manchen Fällen gab es auch nur Videobotschaften aus den Teams, die alle auf eine Besserung in 2021 hoffen. „Wir haben uns sehr gefreut, dass dann doch einige den Weg nach Biberach gefunden haben“, so Reichert, auch wenn es nur für zwei Stunden war, wie bei Regisseur Dirk Kummer, der aus München kam und seinen neuen Fernsehfilm mit Julia Koschitz und Heino Ferch präsentierte. Eine Komödie, die im nächsten Jahr an einem Freitagabend in der ARD laufen und sicher ihre Zuschauer finden wird. Mal wieder eine eher leichte Rolle für Koschitz, die zuletzt im vergangenen Jahr mit schwerer Kost in Biberach vertreten war.

Beim Publikum kam am besten der Film „Notes of Berlin“ an, unter anderem mit Andrea Sawatzki in einer der Hauptrollen. Der Film gewann gleich drei Biber. Den für den besten Debütfilm, den Schülerbiber und den Publikumsbiber. Chapeau an Regisseurin Mariejosephin Schneider, die ihren Film ebenso persönlich vorstellte wie Julia von Heinz, die den Goldenen Biber für den besten Spielfilm erhielt. „Und morgen die ganze Welt“ wurde während der Tage von Biberach sogar für das Rennen um die Oscar-Nominierung für den besten ausländischen Film ausgewählt. 

In dem Film schließt sich die 20-jährige Luisa einer Antifa-Gruppe an und versucht dadurch die zunehmende Gewalt von rechts zu bekämpfen und dafür auch zum Mittel der Gegengewalt zu greifen. Ein beeindruckender Streifen, der wie kein anderer schwelende politische Probleme in Deutschland zeigt, der auch mit dem diesjährigen Sonderpreis „Adrian“ für den besten Schnitt ausgezeichnet wurde. Der Film war bereits im September bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig gelaufen und sei dort mit minutenlangem Beifall bedacht worden, so Regisseurin Julia von Heinz. In Biberach fiel der Applaus coronabedingt leiser aus.

Beeindruckend auch das Beziehungsgeflecht, das sich Regisseurin Lena Knauss für ihren Film „Tagundnachtgleiche“ ausgedacht hatte. Auch nach diesem Film ließ es sich das Publikum in Biberach trotz Mundschutz nicht nehmen, mit der Regisseurin zu diskutieren. „Ich hatte den Eindruck, dass die Gespräche nach den Filmen sogar etwas intensiver waren, was auch sicher mit dem entzerrten Zeitplan zu tun hatte“, sagte Helga Reichert.

Von Biberach aus sind wieder Filme unterwegs, um die Welt zu erobern, wie so häufig in den vergangenen vier Jahrzehnten. Allerdings diesmal mit großen Problemen, denn in Deutschland waren die Kinos wie in vielen anderen Ländern jetzt erst mal geschlossen – mindestens für vier Wochen. Der ehemalige Chef der Berlinale und in diesem Jahr Mitglied der Hauptjury in Biberach, Dieter Kosslick, nannte die Biberacher Filmfestspiele in diesem Jahr „historisch und als Demonstration für das Kino“, so kurz vor dem erneuten Lockdown.    mm

Fotos: Georg Kliebhan

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