Landesbischof Prof. Heinrich Bedford-Strohm in Neu-Ulm

Während seines Aufenthalts Anfang Oktober in Neu-Ulm absolvierte Prof. Heinrich Bedford-Strohm ein straffes Programm. Highlights waren die drei öffentlichen Programmpunkte, allen voran das Interview mit Publikumsfragen in der Petruskirche. Dekan Jürgen Pommer erläuterte, warum man sich für dieses Format entschieden habe. „Kirche ist Kommunikation. Gott schafft, indem er spricht.“ Darum bringe sich die Kirche in den gesellschaftlichen Dialog ein.

Das Interview führte die aus dem Film „Landrauschen“ bekannte Schauspielerin und Kabarettistin Kathi Wolf.  Sie sei eine der wenigen aus ihrem Freundeskreis, die noch Kirchensteuern bezahle, bekannte sie. Auf die Frage, was die Kirche gegen den Schwund ihrer Mitglieder unternehmen könne, führte Bedford-Strohm den Wandel der Gesellschaft an. Vor 50 Jahren zählte es zum guten Ton, zur Kirche zu gehen. Doch oftmals wäre dies nur aus Angst vor sozialen Sanktionen geschehen. „Ich will nicht zurück in die Zeit, in der Leute nur aus Konvention in die Kirche gehen. Sie sollen es aus Freiheit tun.“

Wichtig sei es, dass die Kirche für die Leute da ist und sie begleitet, nicht nur bei Lebensübergängen wie Hochzeit oder Taufe. Die Menschen hätten heute viele Optionen und hohe Erwartungen. Bedford-Strohm betonte auch, dass junge Menschen an der Gestaltung der Kirche beteiligt werden sollten. Zum Bespiel durch Teamer, welche nach der Konfirmation die nachfolgenden Jahrgänge begleiten. Er selbst gehe mit gutem Beispiel voran und auf die Jugend zu: Der Landesbischof hat sogar einen eigenen Facebook-Account.

Bald kam das Gespräch auf das Rettungsschiff, das die evangelische Kirche ins Mittelmeer entsenden will. Hier galt es, Vorbehalte auszuräumen. Das Schiff werde nicht mit Kirchensteuern bezahlt. Es soll ein Verein gegründet werden, der Spendengelder sammele, unterstrich Bedford-Strohm. An dem Projekt sind weitere Organisationen beteiligt. Die Bekämpfung der Fluchtursachen nannte er als weiteren wesentlichen Punkt. Hier trete das kirchliche Netzwerk in Aktion. Ein Bischof in Nigeria zeige den Menschen Videos, in denen er die Lügen der Schlepperbanden entlarve, damit sich erst gar niemand auf die gefährliche Reise begebe. Gleichzeitig forderte Bedford-Strohm das Aufbrechen von wirtschaftlichen und politischen Strukturen. Als Beispiel nannte er Billigfleisch aus Europa, welches den afrikanischen Markt überflute und die dortigen Bauern um ihre Existenz bringe.

In erschütternden Bildern schilderte der Landesbischof seine Eindrücke von seinem Besuch bei Seawatch. Er berichtete von katastrophalen hygienischen Zuständen auf den Flüchtlingsbooten, von der Not in lybischen Flüchtlingslagern, von Menschen, die „sich an Schlepperbanden verpfändet haben“ und in die Sklaverei oder Prostitution getrieben werden. „Wie unmenschlich wäre es, sie auf dem Mittelmeer sich selbst zu überlassen? Es kann nicht sein, dass diese Leute ertrinken!“

Nach großem Applaus kam es zu emotionalen Szenen im Publikum. Den Anfang machte eine Spontan-Spende, bei der einfach der gesamte Inhalt des Portemonnaies auf den Tisch gelegt wurde. Eine andere Frau berichtete, dass sie aufgrund der kirchlichen Hilfsaktionen für Flüchtlinge wieder in die Kirche eingetreten sei, weil diese ihre Werte vertrete. „Es tut wahnsinnig gut, diese Worte zu hören“, bekannte der Landesbischof. Denn oft erhalte er in Bezug auf das geplante Rettungsschiff gegenteilige Briefe.

Der EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischof betonte nochmals die humanitäre Notwendigkeit und die Nähe der Kirche zu den Menschen. Er sprach den Gläubigen Mut zu, „die Hoffnung auszustrahlen, die der christliche Glaube uns gibt.“ Gleichzeitig rief er das Doppelgebot der Liebe in Erinnerung. „Du sollst Gott lieben, und du sollst deinen Nächsten lieben.“

Nach einem Empfang und dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Neu-Ulm sowie das Goldene Buch des Landkreises Neu-Ulm griff Bedford-Strohm in seiner Predigt in der Petruskirche nochmals die Begriffe Hoffnung und Liebe auf. Dabei verwies er auf eine Stelle im Buch Mose. Gott habe den Menschen aus Liebe erwählt und zum Zeichen des Bundes mit Noah einen Regenbogen an den Himmel gesetzt. Liebe sei das Zukunftsmodell der Kirche. Damit endete ein bewegender Abend mit Heinrich Bedford-Strohm in Neu-Ulm.    dwi

Fotos: Hermann Genth 

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